


Liebe Lindlarinnen und Lindlarer,
wenn Sie Grundstücksbesitzer*in sind, haben Sie in den letzten Tagen den Grundsteuerbescheid 2025 erhalten. Manche müssen weniger zahlen, manche müssen etwas mehr zahlen und manche leider auch deutlich mehr. Dass gerade letztere geschockt und auch verärgert sind, können wir sehr gut verstehen. Auch wir sind Grundsteuerzahler*innen und müssen z.T. erheblich drauf zahlen.
Lassen Sie uns bitte im Folgenden kurz erklären, welchen Teil Ihrer ggf. individuellen Steuererhöhung das Bundesverfassungsgericht, Bund und Länder zu verantworten haben und warum der andere Teil der Erhöhung notwendig und spätestens in wenigen Jahren nicht anders möglich ist.
Welchen Teil der individuellen Steuererhöhungen haben Bundesverfassungsgericht, Bund und Länder zu verantworten?
Die Erhöhung der Grundsteuer durch den Gemeinderat beträgt ca. 21 Prozent. Sollte Ihre individuelle Erhöhung höher ausfallen, liegt das an der Grundsteuerreform. Diese war notwendig, weil das Bundesverfassungsgericht die bisherige Form der Grundsteuerbemessung für nicht mehr rechtmäßig erklärt hat. Daraufhin haben Bund und die Länder ein neues System entwickelt, welches gerechter und realitätsnäher sein soll.
Warum ist die Erhöhung des Grundsteuer notwendig?
Keiner vergleichbaren Kommune in NRW geht es ähnlich schlecht wie Lindlar. Keine vergleichbare Gemeinde in NRW ist so nah an der Überschuldung. Lindlar ist Minus-Rekord-Halter in NRW. Dies wurde Lindlar von der Gemeindeprüfungsanstalt NRW attestiert. Lindlar hat schon jetzt weit über 80 Millionen Euro Schulden. In der Zeit, in der die CDU die absolute Mehrheit in Lindlar hatte, hat Lindlar rund 37,8 Millionen Euro wegkonsumiert. Das haben andere Kommunen in NRW offenbar besser gemacht und bedeutend mehr Eigenkapital übrig.
Trotzdem hatte Lindlar seine Finanzen leidlich im Griff. Die Prognosen für die nächsten Jahre waren stabil.
Und dann kam der Oberbergische Kreis und verlangte plötzlich mehr als 3 Millionen Euro pro Jahr mehr als geplant.
Somit ergibt sich die aktuelle Finanznot von Lindlar aus den Forderungen des Oberbergischen Kreises und Altlasten aus CDU-Zeiten. Lindlar kann nicht über Jahre hinweg mehr als 3 Millionen Euro Defizit verkraften.
Laut Prognose der Kämmerin wäre Lindlar dann in 2-3 Jahren mehr oder weniger pleite (Ausgleichsrücklage erschöpft) und gezwungen, Steuern massiv zu erhöhen. Passiert dann etwas unvorhergesehenes, wäre der Rest des kaum noch vorhandenen Eigenkapitals verbraucht. Ist das der Fall, wird Lindlar die finanzielle Eigenständigkeit entzogen und die Kommunalaufsicht macht dann im Zweifel drastische Vorgaben über Lindlars Belange mit erheblichen, nicht beeinflussbaren Einschnitten. Lindlar hätte dann keine Hoheit mehr über seine Finanzen.
Es wäre also möglich gewesen, die unausweichlichen Steuererhöhungen auf nach der Wahl zu verschieben, dieses hat u.a. der Bürgermeister vorgeschlagen. Aber wir wollten ehrlich mit den Bürgerinnen und Bürgern sein und Ihnen nichts vorgaukeln.
Aktuell muss Lindlar alle mehr belasten, um über die Runden zu kommen. Wie würden Sie privat handeln, wenn Ihnen die Pleite droht? Weiter machen bis zuletzt oder frühzeitig handeln?
Eine Verschiebung der Steuererhöhung würden die immensen Schulden weiter stark steigen lassen und auf lange Sicht noch teurer werden. Wir wollen unseren Kinder nicht noch mehr Schulden hinterlassen.
Verwaltung und Politik habe in den letzten Jahren versucht, einzusparen, wo es geht. Fast 30 Millionen Euro, also über die Hälfte seiner Einnahmen muss Lindlar an andere, hauptsächlich den Oberbergischen Kreis, abgeben.. Außerdem gibt es eine Fülle von Pflichtaufgaben, zu der die Gemeinde verpflichtet ist. An all diesen Posten kann die Lindlarer Politik garnicht sparen.
In den letzten Jahren wurden Leistungen immer mehr zurückgefahren und Kosten gesenkt. Es ist kaum noch Sparpotential vorhanden. Wie schlecht sollen unsere Straßen werden? Wie lange kann man Gebäude nicht mehr vernünftig unterhalten, bis die Folgekosten viel höher werden?
Sparen könnte man noch bei folgendem: Unterstützung der Vereine, Sportstätten, Jugend- und Sozialarbeit, Betreuung der Schüler*innen. Das wäre wenig Geld würde aber viel zerstören.
Möglich wären auch die Schließung des Parkbads, die Schließung des Freizeitparks oder die Schließung von 1-2 wohnortnahen Grundschulen. Das wollen wir nicht.
Übrigens der aktuell gerne genommene Vergleich mit Engelskirchen hinkt leider. Engelskirchen hat traditionell die ertragsstärkeren Unternehmen und wurde jahrelang mit Mitteln aus dem sogenannten Stärkungspakt vom Land finanziell unterstützt.
Vielen Dank, dass Sie den Brief gelesen haben und sich für die Fakten interessieren und nicht nur reflexartig „zu teuer“ rufen!
Es tut uns sehr leid, dass wir die Grundsteuer erhöhen mussten!
Die Erhöhung war leider notwendig, denn sonst wäre Lindlar sehr bald pleite!
Wir stehen für eine ehrliche Politik und nicht für eine Verschiebung der alternativlosen Steuererhöhung auf „nach der Wahl“!
Wenn sich finanzielle Spielräume ergeben, werden wir selbstverständlich versuchen, die Steuern in den nächsten Jahren wieder zu senken!
Gerne werden wir an der Infoveranstaltung der Gemeinde teilnehmen und Ihnen nochmal unsere Positionen näher bringen.
Liebe Grüße!
Die Lindlarer GRÜNEN