In seiner Rede zum Haushalt 2018 macht unser Fraktionssprecher Patrick Heuwes klar, dass Lindlar wegen Bürgermeister, Verwaltung und CDU-Mehrheitsfraktion oft Chancen nicht nutzt …
Lieber Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen Ratsmitglieder, liebe Damen und Herren von der Verwaltung, liebe Bürgerinnen und Bürger,
zwei Fakten, mit denen ich mich nicht lange aufhalten möchte, vorweg:
Wir stimmen den Steuersätzen für 2018 zu. Es sind die gleichen, die wir im letzten Jahr mitverhandelt haben. Sie sind weiterhin so ausgewogen wie es in Lindlar mit den Mehrheitsverhältnissen möglich ist und sie scheinen uns, wenn die Erwartungen des Kämmerers eintreffen, zu einem ausgeglichenen Haushalt 2020 zu führen.
Des weiteren stimmen wir dem Stellenplan 2018 zu. Der ist zwar nicht der Gleiche, wie im letzten Jahr, aber die neu geschaffenen, befristeten Stellen sind allesamt sinnvoll bzw. notwendig. Schon zum Haushalt 2016 hatten wir betont, dass die große Herausforderung, Unterbringung und Integration von Flüchtlingen, nicht zu Lasten unserer MitarbeiterINNEN gehen darf. Die Ausweisung einer A16-Stelle im Verwaltungsvorstand ist geboten wie nie auch wenn der Bürgermeister nun leider einen Rückzieher macht. Da dem Bürgermeister in kurzer Zeit sein gesamter restlicher Verwaltungsvorstand abhanden kommen wird, ist es immens wichtig, schnell guten Ersatz zu finden. Sowohl Herr Hütt als auch Herr Flohr haben, der eine eine lange, der andere eine unfassbar lange Zeit, die Geschicke Lindlars maßgeblich mitgelenkt und dafür wollen wir uns schon jetzt herzlich bei den beiden bedanken. Wer auch immer im Frühjahr Käpt´n von Lindlar sein wird: Er braucht einen guten Steuermann und einen fähigen Zahlmeister, um Lindlar auf Kurs zu halten. Und eine gute Crew muss man auch gut bezahlen.
Viele kennen bestimmt noch die Werbung von „Fairy Ultra“, einem Spülmittel. Sie lief vor einigen Jahren täglich auf allen Kanälen. Die Geschichte ist sehr einfach, aber auch sehr lustig.
Zwei Nachbarorte, Villarriba und Villabajo, feiern zeitgleich eine große Paella-Party und die vielen, fettigen Pfannen müssen gespült werden. Die Deppen aus Villabajo haben ein herkömmliches Spülmittel genommen und spülen sich einen Wolf. Während die smarten Männer und Frauen aus Villarriba mit „Fairy Ultra“ gespült haben und schon lange damit fertig sind. Der Werbung endet mit dem Satz: „Während man in Villarriba schon feiert, wird in Villabajo noch geschrubbt.“
Automatisch denkt man sich, was sind das für Deppen in Villabajo. Aber ich glaube, da tut man den BürgerINNEn von Villabajo unrecht. Sie sind nicht die Deppen. Nur derjenige von ihnen, der für den Einkauf des Spülmittels zuständig war, hat eine falsche Entscheidung getroffen. Jetzt sagt uns die Werbung nicht, wer das falsche Spülmittel gekauft hat, aber ich denke, eine solche Gemeinschaftsaufgabe nimmt oft der Bürgermeister oder die Gemeindeverwaltung wahr. Alle sehen wie Deppen aus, alle machen unnötige Arbeit, alle können noch nicht feiern, weil im Einkauf des Rathauses am falschen Ende gespart worden ist.
An diese Geschichte fühlten wir uns erinnert, als es kürzlich darum ging, das richtige Planungsbüro für das „Integrierte Handlungskonzept“ für Lindlar auszuwählen.
Beim Thema „Integriertes Handlungskonzept“ ist Lindlar eindeutig Villabajo – umgeben von einer ganzen Reihe Villarribas. In Gummersbach ist z.B. u.a. fast ein ganzes Viertel neu entstanden, weil dort frühzeitig ein solches Konzept erstellt wurde, auch in Bergneustadt sind die Maßnahmen bereits abgeschlossen und in Wipperfürth wird z.Zt. kräftig der Ortskern gestaltet. Während die Lindlarer noch nicht einmal das Planungsbüro beauftragt haben, wird in Wipperfürth der Abschluss eines Großteils der Maßnahmen gefeiert.
Außerdem: jedes Kind weiß, dass man zuerst plant und dann baut. Nur in Lindlar nicht. Da wird an allen Ecken und Enden gebaut, wie schon lange nicht mehr. Es wird ein Monsterbaugebiet in Altenrath ausgewiesen und einen riesiges Waldstück für die Erweiterung des Industriegebiets platt gemacht. Ohne Plan, denn für den haben wir ja noch nicht mal ein Büro!
Auch beim IP-Klause sieht Lindlar nicht gut aus, weil der Bürgermeister viel zu spät erkannt hat, dass die Kooperation mit Engelskirchen diesmal eben kein Selbstläufer wird. Anstatt erst zu verhandeln und dann zu planen, hat die Verwaltung munter drauflos geplant und Fakten geschaffen. Dies hat Engelskirchen sehr verärgert und unsere Verhandlungsposition gegenüber Bürgermeister Dr. Karthaus & Co. massiv geschwächt. Die haben nun alle Trümpfe in der Hand, weil diese von Lindlarer Seite leichtfertig verspielt worden sind.
Hier ist Lindlar wieder Villabajo und die Engelskirchener feiern die Party.
Die scheinen im Bereich Gewerbe sowieso sehr viel richtig zu machen. 2015 (und das sind die aktuellsten Zahlen, die uns Herr Hütt zur Verfügung gestellt hat) hatten sie fast doppelt so hohe Gewerbesteuereinnahmen pro Kopf wie wir, bei bedeutend weniger Gewerbeflächen und sehr ähnlichen Einkommenssteuereinnahmen.
Wir zerstören unsere Umwelt und belasten unsere BürgerINNEN in großem Umfang, in dem wir massiv Natur zerstören, um Gewerbeflächen zu schaffen, und die Engelskirchener machen das nicht und stehen trotzdem besser da. Wer ist da schlauer?
Der Gewerbesteuerertrag pro qm-Gewerbefläche ist in den letzten Jahren in Lindlar massiv eingebrochen, d.h. finanziell ist diese Umweltzerstörung ineffizienter denn je.
Um so wichtiger wäre es, öffentlich zu diskutieren und festzulegen, welche Firmen wir in der Klause haben wollen und nach welchen Kriterien wir die Grundstücke vergeben wollen. Dass dies in Lindlar von einer Mehrheit aus Bürgermeister, CDU und FDP nicht gewollt ist, sondern man weiterhin nur im stillen Kämmerlein diese Schicksalsfrage für Lindlar beantworten will, ist schon alleine Grund genug, den Haushalt 2018 abzulehnen. Dass da BürgerINNEN das Vertrauen in die Politik verlieren und sich fragen, ob alles mit rechten Dingen zugeht, ist nur eine logische Folge!
Dabei ist Wirtschaftsförderung viel mehr als nur stumpfes Bäume fällen.
Als wir vor einem Jahr die Firma Loco-Soft besucht haben, die sich zu Unrecht, aber aufgrund der verkürzten Darstellung in der Presse verständlicher Weise, von einem Satz in der letzten Haushaltsrede angegriffen gefühlt hat, haben wir den Geschäftsführer Herrn Koke gefragt, welche Unterstützung sich Loco-Soft denn wünscht. Da kam nicht: mehr Fläche, sondern eine Kinderbetreuung nach 16 Uhr und eine Anbindung an den ÖPNV.
Für beide Anliegen hätte es in der letzten Zeit die Chance gegeben, sie zum Nulltarif zu verwirklichen. Beide Chancen sind vergeben worden! Willkommen in Villabajo!
In der Lindlarer Stellungnahme zum Nahverkehrsplan, die der Bürgermeister ohne öffentliche Diskussion im zuständigen Ausschuss eigenmächtig abgegeben hat, kommt der Wunsch nach einer Anbindung des IP-Klause nicht einmal vor, obwohl dies u.a. auch Anliegen seiner eigenen Partei ist. Jetzt ist der Zug bzw. der Bus erst mal abgefahren. Klarer Fall von Villabajo.
Bei der Suche nach einem Träger für die neue KITA im Ortskern hätte man mit den Interessenten Öffnungszeiten über 16 Uhr hinaus verhandeln können. Auch dies ist nicht geschehen. Wieder ein klarer Fall von Villabajo.
Auch bei der Vergabe von Bauland geht es aktuell alles andere als sinnvoll und fair zu. Das Kriterium ist derzeit, wer zuerst angerufen hat, bekommt ein Grundstück, ohne Rücksicht auf Familie, Herkunft, Engagement usw.
Ein System, das es ermöglicht, dass ein alleinstehender Heuschrecken-Hedge-Fonds-Manager aus Düsseldorf ein Grundstück für sein Wochenendhaus, das für ihn gleichzeitig eine lukrative Kapitalanlage ist, bekommt, weil er vor Jahren mal mit Herrn Hütt telefoniert hat, aber eine 4-köpfige Familie aus Lindlar, die gerade ihr drittes Kind erwartet und deshalb mehr Platz braucht, bei der der Vater beim TeBEL arbeitet und beim TUS Kinder trainiert und die Mutter Erzieherin im Spatzennest ist und noch bei WinLi mitarbeitet, nicht zum Zuge kommt, gehört sofort geändert. Und sofort heißt, bevor die BGW die Grundstücke in Altenrath vertickt!
Aber wir sind nicht überall Villabajo. Der gemeinsame Antrag mit der CDU zum Thema „Gute Schule 2020“ aus dem letzten Jahr macht uns hier ganz eindeutig zum smarten Villarriba. Wenn man sich umschaut, wird in fast allen Gemeinden im Umkreis das zusätzliche Geld dazu verwendet, sowieso notwendige und geplante Reparaturmaßnahmen u.ä. durchzuführen, um den Haushalt zu entlasten. Dass das nicht passiert, war uns ein großes Anliegen. Und wir freuen uns sehr, dass sich die CDU auch in diesem Jahr bei „Gute Schule 2020“ als verlässlicher Partner erwiesen hat und gemeinsam mit uns den Versuch der Verwaltung, das Geld doch noch zu verbuddeln, vereitelt hat. Dafür auch in Wahlkampfzeiten unseren Dank und Respekt!
Liebe Schülerinnen und Schüler, dass das Gymnasium einen neuen Schulhof kriegt, Real- und Hauptschule einen neuen naturwissenschaftlichen Fachraum und noch so manch andere Sachen, verdankt Ihr CDU und GRÜNEN. Dass das aber noch ganz schön lange dauern wird, verdankt Ihr ganz eindeutig unserer Verwaltung! Denn dass ein Jahr nachdem der Beschluss gefasst wurde, noch nicht eine dieser Maßnahmen auch nur grob geplant ist, ist ein echter Skandal, den die SchülerINNEN ausbaden müssen. Das ist sowas von Villabajo!
Nach diesen Ausführungen ist es wohl keine Überraschung, dass wir dem Haushalt 2018 nicht zustimmen können. GRÜN steht nun mal für Villarriba!
Zum Jahresende bedanken wir uns aufrichtig bei allen Beteiligten für die, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, gute und faire Zusammenarbeit.
Frohe Weihnachten und einen „Guten Rutsch“!