Sehr geehrter Herr Dr. Tebroke,
Die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen im Rat der Gemeinde Lindlar beantragt aufgrund des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 14.08.08 ( Az. 7 D 120/07 .NE) nachfolgende Änderungen der Hauptsatzung und der Geschäftsordnung des Rates und der Ausschüsse der Gemeinde Lindlar:
Antrag 1:
§ 12 Abs. 1 der Hauptsatzung wird dergestalt ergänzt, dass öffentliche Bekanntmachungen der Gemeinde, die durch Rechtsvorschrift vorgeschrieben sind, in der Bergischen Landeszeitung Ausgabe ON bekannt gemacht werden (Hinweis auf Rz. 33 des Urteils)
Begründung:
Das OVG Münster hat zwar in seinem Urteil einen Verstoß gegen die Bekanntmachungsverordnung nicht angenommen, doch hat es ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „etwaige Bedenken jedoch (noch) nicht durchgreifen“.
Unter Rz. 40 führt das Gericht aus, dass die Bekanntmachung durch Anschlag an der Bekanntmachungstafel jedenfalls für größere Gemeinden eine absolut ungeeignete Form der Bekanntmachung von Ortsrecht ist. Die Bekanntmachung zur Kenntnis zu nehmen, darf nicht unverhältnismäßig oder unzumutbar sein (Rz. 45).
Ein Anhaltspunkt dafür ist u.a. die Einwohnerzahl, wobei das Gericht eine mögliche Grenze bei höchstenfalls 35.000 sieht.
Glücklicherweise hat der Antragsteller in dem Verfahren das Gericht nicht darauf hingewiesen, dass Lindlar eine Gemeinde mit fünf Kirchdörfern ist, die alle etliche Kilometer vom Hauptort mit der Bekanntmachungstafel entfernt liegen und dass nur ca. 6000 der mehr als 22.000 Einwohner dort leben.
Bei Kenntnis dieser Fakten wäre die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit oder Zumutbarkeit sicherlich nicht (noch) zugunsten der Gemeinde ausgefallen.
Nicht umsonst haben andere Bundesländer die Einwohnerzahl, bei der eine Bekanntmachung durch Aushangtafeln noch ausreichend erscheint, sehr niedrig angesetzt oder gar nicht vorgesehen (Rz. 50-56 und 60)
Um Unsicherheiten hinsichtlich der Wirksamkeit des Ortsrechts zu vermeiden, ist es deshalb unerlässlich, zu der Bekanntmachung in einer Zeitung zurückzukehren.
Es ist absolut unwirtschaftlich, aus Kostengründen darauf zu verzichten, da eine unwirksame Ortssatzung wesentlich teurer werden kann als eine Zeitungsanzeige.
Allein die Abhaltung einer Ratssitzung zur Heilung eines Formfehlers übersteigt die Kosten einer Zeitungsanzeige bei weitem; von Schadenersatzforderungen, Gerichtskosten und entgangenen Gebühren nicht zu Reden, insbesondere im Hinblick auf die anstehende Änderung der Abwassersatzung.
Antrag 2:
§ 22 der Geschäftsordnung für Rat und Ausschüsse der Gemeinde Lindlar
- 1. Wird in Abs 1 f nach dem Wort Beschlüsse ergänzt um die Worte:
“ das Stimmverhältnis“ - 2. Wird um den Buchstaben „g“ ergänzt mit dem Wortlaut:
„persönliche Erklärungen zur Sache, die ausdrücklich vorher als zu protokollierend angekündigt wurden“ - Wird um einen Abs. 1a ergänzt mit dem Wortlaut:
„Die Niederschrift soll eine gedrängte Wiedergabe des Verhandlungsverlaufs enthalten“
Begründung:
Das OVG Münster hat in seiner Entscheidung zu Lasten der Gemeinde festgestellt, dass der Plan materiell fehlerhaft ist ( Rz. 85).
Es hebt dabei wiederholt auf die mangelnde Erkennbarkeit der vorgenommenen Erwägungen und Abwägungen sowohl der Ausschusssitzung, als auch der Ratssitzung ab, die letztendlich zu dem zu beanstandenden Beschluss geführt haben.
Dabei ist nicht allein von entscheidungserheblicher Bedeutung, dass notwendige Unterlagen zwar dem Ausschuss, nicht aber dem Rat für die konkrete Sitzung vorgelegen haben.
Wichtig ist dem Gericht, ein nachvollziehbarer Abwägungsprozess in der Sitzung des Rates und/oder der Ausschusses (Rz. 86, 87, 90-92).
Diesem Bedürfnis wird die Regelung des neuen § 22 Abs. 1 der Geschäftsordnung nicht gerecht, da hier die Sitzungsniederschrift ausschließlich auf den formalen Teil der Entscheidungsfindung reduziert wird.
Wie die Gemeindeverwaltung in der synoptischen Gegenüberstellung der diversen Regelungen selbst vermerkt hat, haben die Fraktionen von Bündnis 90 / Die Grünen und der FDP darauf bereits im Vorfeld hingewiesen.
Die Verwaltung hält jedoch die getroffene Regelung für ausreichend und verweist auf die Mustergeschäftsordnung des Städte- und Gemeindebundes NRW.
Doch selbst in diesem Muster findet sich ein Absatz 2, „wonach die Niederschrift eine gedrängte Wiedergabe des Verhandlungsverlaufs enthalten soll“, und damit die entscheidungserheblichen Erwägungen und Abwägungen.
In dem hier ergangenen Urteil war die Entscheidung des Gerichts gegen die Gemeinde schon allein aus der Tatsache begründet, dass den Ratsmitgliedern zur Sitzung nicht alle Unterlagen vorgelegt wurden, unabhängig von der Frage, ob sie diese bereits im Ausschuss erhalten hatten.
Doch selbst wenn alle Unterlagen vorgelegen hätten, sagt die Sitzungsniederschrift, die lediglich den Beschlusswortlaut und ggf. das Abstimmungsergebnis wiedergibt nichts über den Abwägungsprozess aus, der zu dem Ergebnis geführt hat, und damit wäre ein entsprechender Beschluss ebenfalls materiell fehlerhaft.
Mit freundlichem Gruß