Haushaltsrede 2009
Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Tebroke,
sehr geehrte Ratsmitglieder,
alle Jahre wieder ist der Rat aufgefordert, den Haushalt des kommenden Jahres zu beschließen und die Finanzsituation der Gemeinde kritisch zu bewerten.
Alle Jahre wieder müssen wir als Rat feststellen, dass unsere Gestaltungsspielräume gering sind oder vielleicht sogar noch mal geringer geworden sind.
Alle Jahre wieder stöhnen wir über die Kreisumlage und andere Umlagen und Pauschale und müssen auch da feststellen, dass wir diese schlicht zu zahlen haben, ohne groß etwas ändern zu können.
Alle Jahre wieder wird der Verwaltung für den „Kraftakt“ Haushaltsaufstellung gedankt. Was wir auch dieses Jahr nicht versäumen möchten.
Nun, eigentlich müsste ja jetzt alles anders werden, denn wir haben seit mehr als einem halben Jahr unser Leitbild „Lindlar 2020“, das uns sagen soll, wohin die Reise geht. Die Betonung liegt auf, SOLL, denn das Leitbild, das wir nun unser Eigen nennen, ist so allgemein, nichtssagend und überhaupt nicht wegweisend, dass man es in diesem Haushalt nicht wiederfindet. Dieser Haushalt unterscheidet sich in seiner Ausrichtung und Prioritätensetzung so überhaupt nicht von denen der letzten Jahre, dass man eindeutig sagen muss: das Leitbild „Lindlar 2020“ hatte keinen Einfluss auf diesen Haushalt und somit auf die Lindlarer Politik!
Da also doch alles gleich geblieben ist, muss ich zu „alle Jahre wieder“ zurückkommen.
Alle Jahre wieder müssen wir feststellen, dass die Haushaltslage prekär ist und der im letzten Jahr versprochene Silberstreif am Horizont zwar noch da ist, aber nicht wirklich näher gekommen ist. D.h. Hoffnung ja, aber nur bedingt und wieder etwas weiter in die Zukunft verschoben.
Da „alle Jahre wieder“ doch auf die Dauer sehr langweilig wird, werden wir uns kurz fassen, und einige Hauptpunkte darlegen, warum wir diesen Haushalt nicht mittragen können.
1. Lindlar setzt weiter nur auf den Autoverkehr
Das Budget für den Straßenunterhaltung und -bau bleibt hoch, während erneut kein Geld für Fahrradwege eingeplant wurde. Die auf unsere Initiative des letzten Jahres entstandenen Vorschläge zu Fahrradwegen zu unseren Schulen kamen erst zur Sitzung in der letzten Woche und dann auf das Haushaltsjahr 2010 vertragt. Da muss man sich schon fragen, wie viel uns die Sicherheit der Kinder wert ist!
2. Lindlar setzt weiterhin auf sinnlose Großprojekte
Obwohl unter den Einwohnern in Frielingsdorf umstritten und immens teuer (für knapp € 700.000 könnte man viele Fahrradwege bauen) wird die Umgehungsstrasse in Frielingsdorf weiterbetrieben. Auch dass wir davon noch mehr selber tragen müssen, ist offenbar egal.
3. Lindlar setzt weiterhin auf „Masse statt Klasse“
Obwohl in der Gemeinde Lindlar genug Bauland vorhanden ist, der Trend sowieso vom Land zur Stadt geht, die Bevölkerungszahlen allgemein sinken und weiter sinken werden und in den nächsten Jahren viele Häuser zum Verkauf stehen werden, weisen wir weiterhin lustig Baugebiete aus als wäre nichts gewesen – jetzt ist mal wieder „Schmitzhöhe dran“.
4. Gleiches gilt für Gewerbeflächen
Anstatt eine Diskussion zu führen, welches Gewerbe und welcher Betrieb ist zukunftsfähig für Lindlar und damit wert, eine unserer wichtigsten Ressourcen – unsere Natur – zu verbrauchen, soll der IP Klause überdimensioniert ausgebaut werden. Dass es da Widerstand gibt, wenn man das „erst mal“ sogar ohne frühzeitige Bürgerversammlung machen möchte, ist klar. Aber wenn die vielzitierte Abwägung und Bürgerbeteiligung heißt, jeden noch so kleinen Kompromissvorschlag mit dem Kostenargument sofort totzuschlagen und es bei minimalen kosmetischen Veränderungen zu belassen, können wir uns eine Beteiligung der Bürger tatsächlich (passend zu Weihnachten) schenken.
5. Lindlar zeigt sich z.T. beratungsresistent
Da möchte ein Tiefbauunternehmer große Mengen Erdaushub im ehemaligen Steinbruch Linde entsorgen. Ob und in welchem Umfang das sinnvoll ist, haben wir an anderer Stelle ausführlich diskutiert und wir sagen auch weiterhin nein, aber das soll jetzt nicht das Thema sein. Nochmal: Da möchte ein Tiefbauunternehmer große Mengen Erdaushub im ehemaligen Steinbruch Linde entsorgen. Klar ist das also eine Erddeponie, denn Erde wird in großem Stil gegen Geld entsorgt. Das hat uns hier leider sonst niemand geglaubt, aber auch die Bezirksregierung sagt, das ist eine Frage des Abfallrechts, also eine Erdedeponie. Obwohl RP Lindlar und seine Beamten wirklich nicht als „Ökospinner“ bekannt sind, beharrt die Gemeinde dagegen weiter auf Ihrem Standpunkt.
Eine derbe Niederlage mussten wir auch vor Gericht hinnehmen. Da hat uns das Ober-Verwaltungsgericht Münster einen Verfahrensfehler nachgewiesen, aber anstatt unsere Hauptsatzung und Geschäftsordnung so zu ändern, dass wir sicher sein können, dass wir nicht bald wieder vor Gericht sitzen, herrscht eher das Prinzip Hoffnung
Wenn wir überall sparen, möchte ich auch unsere Zeit sparen:
Aus einer Vielzahl von Gründen, von denen wir einige oben aufgeführt haben, können wir dem Haushalt 2009 nicht zustimmen.
Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch!
Vielen Dank
Patrick Heuwes