Die Rede zum Haushalt 2019 von unserem Fraktionssprecher Patrick Heuwes.
Der Haushalt wurde gegen die Stimmen von SPD, FDP und uns am 12.12.18 beschlossen.
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
liebe Kolleginnen und Kollegen Ratsmitglieder,
liebe Damen und Herren von der Verwaltung,
lieber Herr Bürgermeister,
diesmal möchte ich den Dank vorher schicken:
Wir bedanken uns bei der Verwaltung, den anderen Fraktionen und dem Bürgermeister für den größtenteils fairen Umgang und die meist konstruktiv-sachliche Atmosphäre, die aber in diesem Jahr, was die Mehrheitsfraktion angeht, nur von sehr begrenzter Kompromissbereitschaft geprägt war.
Besonders bedanken möchten wir uns bei der Kämmerin Frau Ahlers und ihrem Team. Es ist eine neue, wohltuende Offenheit zu spüren und ein Wille zu größerer Transparenz, der bisher zumindest in Richtung unserer Fraktion nicht so gegeben war. Vielen Dank an Sie alle!
Nun zum Haushalt:
Der Bürgermeister hat es in seiner Einbringung gut deutlich gemacht:
Zwei externe Lasten machen Lindlar das Leben weiterhin besonders schwer.
Da ist zum einem die Kreisumlage. Wie fast jedes Jahr müssen wir mehr Geld nach Gummersbach überweisen. Geld, das Lindlar so dringend brauchen könnte. Und der Bürgermeister hat unseres Erachtens Recht, wenn er mangelnden Sparwillen und unzureichendes Kostenbewusstsein des Kreises scharf kritisiert. Herr Hagt und seine Leute brauchen aber auch nicht sparen, weil es immer wieder eine Mehrheit aus CDU und FDP gibt, die den Haushalt des Kreises und die steigenden Beiträge von Lindlar und den anderen Kommunen zum Kreishaushalt beschließen. Auch die Lindlarer Kreistagsmitglieder bilden da keine Ausnahme.
Wie geht das? Hier dem Bürgermeister applaudieren, wenn er die Kreisumlage kritisiert, und dann in Gummersbach genau dafür die Hand heben? Entweder Dr. Ludwig hat Recht, und dann muss man diesen Haushalt in Gummersbach ablehnen, oder der Kreis hat Recht, aber dann muss man hier in Lindlar auch dazu stehen. Beides geht unseres Erachtens nicht!
Zum anderen werden wir als ländliche, kreisangehörige Kommune beim GFG weiterhin gegenüber u.a. den kreisfreien Städten benachteiligt. Wie, ist seit Jahren bekannt und möchte ich deshalb nicht weiter ausführen. Dazu hat der Rat im Jahre 2014 eine Resolution an das damals rot-grün regierte Land NRW geschickt und u.a. folgende Antwort erhalten: „(…) Es ist eine grundlegende Reform der Kommunalfinanzierung unausweichlich, um endlich die von dieser Landesregierung betriebene einseitige Bevorteilung einiger Kommunen zulasten vieler anderer Kommunen zu beenden. (…)“.
Und? Wer hat uns so geantwortet? Armin Laschet, damals CDU-Fraktionsvorsitzender und seit fast 1,5 Jahren Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Und, was ist seitdem geschehen? Nichts! Das GFG existiert so wie 2014, wo er geschrieben hat, dass „(…) endlich strukturelle Veränderungen angegangen werden müssen (..)“ Vielleicht liegt dieses Nichts-Tun aber auch an der Überlastung des zuständigen Innenministers Reul. Der hatte in letzter Zeit einfach sehr viel damit zu tun, in einem Wald in NRW völlig sinnfrei den Brandschutz durchzusetzen.
Des Weiteren hat uns der Bürgermeister erzählt, dass wir den Haushaltsausgleich 2020 schaffen werden, aber sehr, sehr knapp!
Was uns noch im letzten Jahr von Herrn Hütt wie ein lockeres Jogging dargestellt wurde, entwickelt sich zum Marathon mit Foto-Finish. Wenn die CDU bereit ist, die Mittel für Straßenunterhaltung in 2020 und 2021 massiv zu kürzen, kann man sich vorstellen, wie eng es ist. Da fragt man sich, ist die Lage in den letzten Jahren schlicht zu optimistisch eingeschätzt worden, oder ist eine solide Finanzplanung wegen der sich ständig ändernden externen Faktoren einfach nicht möglich?
Dabei ist klar, das Ziel ist nicht der Haushaltsausgleich in 2020, sondern der schnelle Abbau unserer unfassbar hohen Schulden. Denn hätten wir nur ein annähernd normales, manche würden auch sagen, gesundes Zinsniveau, wären wir längst „im Arsch“. Ich kann der Verwaltung eigentlich nur raten, schon mal im Rathausanbau ein Büro für den Sparkommissar einzuplanen, denn die Wahrscheinlichkeit, dass die Zinsen vorher ansteigen, bevor Lindlar es verkraften kann, ist leider hoch. Um so mehr sind wir in den nächsten Jahren gefordert, die Schulden abzubauen.
Einen bescheidenen aber symbolisch hohen Beitrag hätten wir alle hier mit der Verkleinerung des Rates und der jährlichen Einsparung von rund € 15.000.- leisten können, aber die CDU war dagegen. Alle anderen Fraktionen haben übrigens nicht einen Vorschlag zu Einsparungen gemacht.
Auch unser Vorschlag, die Gewerbesteuer moderat oder auch sehr moderat anzuheben, um die BürgerINNEN von steigenden Wohnkosten, für die auch wir durch die massiven Erhöhungen der Grundsteuer B mitverantwortlich sind, zu entlasten, fand keine Mehrheit.
Aber ein Haushalt ist mehr als die Einzelpositionen und -maßnahmen und deren Summe. Der Haushalt ist die finanzielle Basis der Politik der Gemeinde Lindlar und die war für die Bürgerinnen und Bürger in Lindlar in 2018 ein Totalausfall. Und es deutet absolut nichts darauf hin, dass sich das in 2019 ändern wird.
Die von CDU und Bürgermeister getragenen Politik scheint die Menschen nicht mehr genügend ernst zu nehmen. Die vielen Leserbriefe, Kommentare in der BLZ, Beiträge in sozialen Netzwerken, Vorschläge bei den Zukunftskonferenzen und Widerstände gegen zentrale Projekte zeigen, dass viele Menschen dies ebenso sehen und das nicht mehr hinnehmen wollen.
Eine Politik, die die Menschen ernst nimmt, würde den Schulen selbstverständlich das Geld zurückgeben, das sie ihnen weggenommen hat, um die Planungsfehler der Verwaltung beim Rathausanbau auszubügeln. Bei den langen Listen, was die einzelnen Schulen noch benötigen, zu argumentieren, die Schulen brauchen das Geld nicht, ist unfassbar.
Eine Politik, die die Menschen ernst nimmt, würde nicht mit den Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam die Zukunft Lindlars planen und gleichzeitig bei zwei der wichtigsten und wegweisendsten Projekten der Gemeindeentwicklung der nächsten Jahrzehnte, dem Baugebiet „An der Jugendherberge“ und der Erweiterung des IP Klause, Fakten schaffen wollen.
Eine Politik, die die Menschen ernst nimmt, würde nicht absolut gegen das handeln, was ihr die Menschen in den Zukunftskonferenzen und der Online-Befragung zum Gemeindeentwicklungskonzept ins Auftragsbuch geschrieben haben. Da lag der Fokus eindeutig auf Schutz der Natur und des Klimas, Erhalt des dörflichen Charakters, Verbesserung der Mobilität ohne Auto und behutsamer Entwicklung. Wie kann man vor diesem Hintergrund rund 30 Hektar Wald für Gewerbe platt machen wollen, wo die Menschen bei der Schaffung von Arbeitsplätzen laut dem Bericht nur einen „nachrangigen Handlungsbedarf“ sehen? Wie kann man vor diesem Hintergrund eine Erweiterung eines Gewerbegebiets planen, dass man nicht mal halbwegs vernünftig mit einem Bus erreichen kann? Wie kann man vor diesem Hintergrund ein Baugebiet mit über 70 Grundstücken mit dem Charme einer amerikanischen Vorstadt weiter planen, welches Bolzenbach, Eichholz und Lindlar-Ort miteinander verschmilzt?
Und eine Politik, die die Menschen ernst nimmt, würde diese Baugrundstücke nicht denen geben, die irgendwann mal auf eine geheime Liste gesetzt worden sind, sondern denen, die sie verdienen.
Eine Politik, die die Menschen ernst nimmt, würde nicht aufgrund eines Anrufs eines Architekten eines Interessenten für ein Grundstück in Klause, ohne Antrag, ohne Pläne, ohne Umweltverträglichkeitsprüfung, ohne ALLES die bebaubare Höhe in einem Bebauungsplan auf unfassbare 22 Meter fast verdoppeln. Muss man jetzt in Lindlar keine Anträge mehr stellen, sondern reicht ein Anruf mit dem Zauberwort „meine Lagerhaltung erfordert das“? Wenn dem nicht so ist, wovon wir ausgehen, ist das ein Schlag ins Gesicht für alle Lindlarer, deren Bauanträge wir abgelehnt haben, obwohl sie die Formalia eingehalten haben. Ist die Begründung „meine Lagerhaltung erfordert das“ wirklich besser als „wir kriegen ein Kind und brauchen dringend Platz“? Wir sagen „NEIN“!
Eine Politik, die die Menschen ernst nimmt, würde nicht nachdem sich weit über 2.000 Bürgerinnen und Bürger gegen die Zerstörung des Waldes bei Klause ausgesprochen haben, lustig weiter planen wie bisher. Sie würde innehalten, auf die Menschen zugehen und nach Kompromissen suchen, wie wir es im Mai beantragt hatten. Unser Antrag wurde nicht mal explizit in Ausschuss behandelt, sondern zusammen mit den unzähligen Bedenken und Anregungen der BürgerINNEN pauschal abgelehnt. Stattdessen wird die bebaubare Höhe fast verdoppelt, damit Landschaftsbild und Anwohner noch mehr beeinträchtigt werden. Nochmal, der Unternehmer lässt einen Beauftragten anrufen und seinem Anliegen wird innerhalb von Minuten im Ausschuss ohne Unterlagen zugestimmt, Bürger schreiben seitenweise fundierte Eingaben und werden mehr oder weniger ignoriert.
Eine Politik, die die Menschen ernst nimmt, würde nicht damit hinterm Berg halten, nach welchen Kriterien sie die Grundstücke in Klause vergeben will. Sie würde mit den Menschen gemeinsam herausfinden, welche Firmen für Lindlar zukunftsfähig sind und dann diese fördern bzw. nach Lindlar holen.
Eine Politik, die die Menschen ernst nimmt, würde, wenn Sie ein Anliegen eines Bürgers nicht eindeutig findet, den Bürger kontaktieren, nachfragen und ggf. beraten. Anstatt, wie jetzt bei dem Antrag der Bürgerinitiative, rumzuspekulieren und sich dann eigenmächtig für eine Variante zu entscheiden. Wie weit ist Lindlar gekommen, dass die Verwaltung nicht mehr mit den Leuten redet, wenn es ihr nicht in den Kram passt? Und dann schlägt der Bürgermeister ohne wirkliche Begründung auch noch vor, den Antrag abzulehnen.
Eine Politik, die die Menschen ernst nimmt, würde sich, wenn sie abwägen muss zwischen zweifelhaften Betriebsgeheimnissen einer gemeindeeigenen Gesellschaft und dem berechtigten Interesse der BürgerINNEN auf Information zur finanziellen Risiken, die Lindlar eingeht, für die BürgerINNEN entscheiden. Es ist absolut selbstverständlich, dass sich die, die bürgen sollen, nämlich die Lindlarerinnen und Lindlarer, vorher ein Bild machen können müssen, wie hoch das Risiko ist, für einen zweistelligen Millionen-Betrag gerade stehen zu müssen. Diese Geheimniskrämerei schürt Misstrauen und das zu Recht!
Eine Politik, die die Menschen ernst nimmt, würde sich nicht erpressen lassen und Millionen von Euro Steuereinnahmen den Engelskirchenern ohne nennenswerte Gegenleistung in den Rachen werfen. Sie würde dafür kämpfen, dass die Lindlarer auch das Geld bekommen, das ihnen zusteht. Sie würde den Engelskirchenern ihre Grenze aufzeigen und die geht durch die Horpestraße und nicht durch Klause.
Alle diese Beispiele dokumentieren, dass die von CDU und Bürgermeister verfolgte Politik die Menschen nicht genügend ernst nimmt, und damit den Unmut vieler Bürgerinnen und Bürger schürt. Dass da das Vertrauen in die Politik und Demokratie leidet, ist eine logische Folge und kostenlose Wahlkampfhilfe für die Vögel, die sich Alternative nennen, aber so gar keine Alternative sind.
Aber den Gipfel haben vor wenigen Minuten erlebt. Eine Politik, die die Menschen ernst nimmt, würde selbstverständlich eine Bürgerbefragung zu Klause V wünschen. Sie wäre dankbar für das Engagement und den Willen zur Beteiligung und würde dieses Anliegen fraglos unterstützen. Die Meinung der BürgerINNEN nicht wissen zu wollen, ist eine ungeheuerliche Einstellung, die absolut nicht unserem Verständnis von Partizipation und gelebter Demokratie entspricht.
Wir nehmen die Menschen ernst und können einer Politik, die die Menschen unseres Erachtens nicht mehr ernst genug nimmt, selbstverständlich nicht zustimmen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche frohe Weihnachten und einen „Guten Rutsch“!